Der Pippo wundert sich... dass keiner die Verflechtungen der Wirtschaft mit den Unionsparteien hinterfragt

Geld ist die Hauptsache! Geld, Geld, Geld!“ (Konrad Adenauer)

Fragt ihr euch, warum für Unionspolitiker Wirtschaftswachstum „alternativlos“ ist? Und warum die Unionsparteien so häufig als Bremser in Klima- und Umweltfragen auftreten? Und fragt ihr euch außerdem, warum die Unionsparteien so reichlich mit Spenden aus der Wirtschaft bedacht werden?

Nun, dass könnte damit zusammen hängen, dass die Union und die Wirtschaft stärker verbunden sind, als man gemeinhin vermuten würde. Was den Unionsparteien aber natürlich sehr recht ist.

Dabei sind die Verflechtungen der Union mit der Wirtschaft keineswegs ein neues Phänomen, sondern schon Tradition – reichen diese doch schon zurück bis in die Zeit Konrad Adenauers.

 

Mit diesem Artikel möchte ich deutlich machen, wie stark die Unionsparteien Politik und Wirtschaft vermengen, da ich darin eine Gefahr für die soziale Gerechtigkeit und die Umwelt sehe. Und vor allem auch für unsere Demokratie.

 

Die Anfänge

Zu Beginn der Bundesrepublik verfügte die SPD als eine Partei mit über 80 Jahren Geschichte über Parteivermögen, hatte überdies Wiedergutmachungszahlungen erhalten und einige Mitglieder, die regelmäßig Mitgliedsbeiträge zahlten. Die CDU dagegen war eine neu gegründete Partei und konnte dies alles nicht vorweisen. Das führte dazu, dass die Einnahmen der SPD in den 50er Jahren mehr als sechsmal so hoch waren, wie die der CDU. Selbst Mandatsträger zahlten keine Beiträge an die Partei. Auch in den 60er Jahren änderte sich das nur unwesentlich. Stattdessen etablierte die Union ein Finanzierungssystem durch Wirtschaftsspenden, welches über die Steuerfreiheit hinaus auch Steuerhinterziehung tolerierte. So bemerkte der damalige Schatzmeister der CDU Ernst Bach: Wir sind Träger des Staates und überlegen uns Formen, wie wir Steuerhinterziehungen… begehen können.“ Dabei blieben die genauen Strukturen im Dunkeln – lediglich der engste Kreis um Adenauer war eingeweiht. So war die Partei von Beginn an auf die Zahlungen aus der Wirtschaft angewiesen. Jedoch legte man großen Wert darauf, dass das durch die Bevölkerung nicht wahrgenommen wurde.

Besonders wichtig waren bei der Finanzierung der CDU sogenannte „Fördergesellschaften“ und Spendenzeitschriften wie das „Wirtschaftsbild“. Diese nur wenige Seiten umfassende Zeitschrift mit wirtschaftlichen Informationen verkaufte die CDU für bis zu 100 Mark an Unternehmen. Die Unternehmen konnten den Erwerb dann als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen. Das brachte der CDU von 1953 bis 1960 etwa 2 Millionen Mark ein.

Die Fördergesellschaften waren Berufsverbände, denen Unternehmen beitreten konnten und die die Gelder der Unternehmen nach einem festgelegten Schlüssel an alle Parteien verteilten – ausgenommen waren jedoch SPD und KPD. Die Zahlungen der Unternehmen konnten bis zu einer bestimmten Höhe von der Steuer abgesetzt werden.

Besonders wichtig für die CDU war eine Fördergesellschaft mit dem Namen Staatsbürgerliche Vereinigung (SV), in welchem wiederum der Bundesverband der Deutschen Industrie tonangebend war. Die SV übernahm praktisch das Spendensammeln für die CDU und sorgte für einen kontinuierlichen Geldfluss. Die Steuervergünstigung von Großspenden an Parteien wurde 1958 durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben, die Zahlungen an Fördergesellschaften konnten aber weiterhin steuerlich geltend gemacht werden. Diese Fördergesellschaften dienten jedoch ausschließlich der Parteifinanzierung, weshalb dieses Vorgehen zumindest halblegal war und man auf das Wohlwollen der Finanzämter angewiesen war. Ab Ende der 50er Jahre sprach man bei der CDU nicht mehr von der SV, sondern nur noch „von den Herren aus der Wirtschaft“ oder „den Herren, die die Spenden für uns organisieren“.

Da die Finanzämter jedoch zunehmend kritischer wurden, gründeten die Schatzmeister der Union 1963 den Wirtschaftsrat der CDU (dazu weiter unten mehr). Ziel war, „das Finanzamt über eine möglichst parteinahe Schaltstelle zu umgehen, die nicht den dubiosen Geruch der Fördergesellschaften hatte.1

Diese starke Verflechtung von Wirtschaft und CDU passte natürlich nicht zum Bild einer Volkspartei, weshalb Schatzmeister Bach behauptete, 60 Prozent der Gesamteinnahmen würden durch Mitgliedsbeiträge gedeckt, obwohl ein Großteil der Einnahmen durch die Fördergesellschaften bzw. durch den Wirtschaftsrat der CDU gedeckt wurde – und auch hier nur von einigen wenigen Firmen. Dass die Zahlungen von diesen Firmen an gewisse Erwartungen geknüpft war, war der Parteiführung durchaus bewusst.

 

Da dieses System zur Finanzierung der CDU höchst intransparent war, verzögerte die Partei die Umsetzung der im Grundgesetz festgeschriebene Rechenschaftspflicht der Parteien über ihre Finanzen bis in die 60er Jahre hinein – fürchtete man doch einen erheblichen Rückgang der Spenden. Das erste Gesetz, nach dem die Namen von Spender*innen bei Spenden über 20.000 Mark genannt werden mussten, trat erst 1967 in Kraft. Da man die Nennung von Spender*innen natürlich weiterhin verhindern wollte, wurden die Spenden nun gestückelt oder es wurde als Spender lediglich „anonym“ angegeben.

 

Die Ära Kohl

Unter Helmut Kohl (Parteivorsitzender ab 1973) wurde das System nicht nur weitergeführt, sondern sogar noch ausgebaut. Und das, obwohl die Finanzierung der CDU mittlerweile durch Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, Zahlungen von Amtsträger*innen und Abgeordnete, staatlich Zahlungen und offizielle Parteispenden durchaus stabil war2. Dennoch wurden die engen Beziehungen der Unionsparteien zur Wirtschaft fortgeführt, wie zum Beispiel in der Flick-Affäre ans Licht kam, wo dem damaligen CSU-Ministerpräsidenten durch Friedrich Karl Flick 925.000 Mark überreicht wurden. Im Jahr 1975 hatte Flick Daimler-Benz-Aktien für mehr als 1,9 Millionen Mark verkauft und für die Wiederanlage Steuerbefreiung beantragt – und größtenteils genehmigt bekommen.

Später kamen Zahlungen von etwa 15 Millionen Mark an die Unionsparteien, etwa 6,5 Millionen Mark an SPD und noch etwa 4,3 Millionen Mark an die SPD ans Licht. Der Verdacht eines Zusammenhangs der Zahlungen mit der Steuerbefreiung lag nahe.

Über diese Affäre stürzten mehrere Politiker: Otto Graf Lambsdorff, damals Bundeswirtschaftsminister, und sein Vorgänger Hans Friderichs (beide FDP) hatten ebenfalls mehrere hunderttausend Mark erhalten. Lambsdorff trat im Juni 1984 von seinem Posten zurück, Friderichs wurde Anfang 1985 von seinem Amt als Vorstandssprecher der Deutschen Bank freigestellt. Außerdem wurden beide später wegen Steuerhinterziehung zu Geldstrafen verurteilt.

Rainer Barzel (CDU) trat im Oktober 1984 zurück. Eberhard von Brauchitsch - Manager von Flick, der sich um „die Pflege der Bonner Landschaft“ gekümmert hatte, wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die jedoch gegen die Zahlung von 550.000 Mark zur Bewährung ausgesetzt wurde. Eine Praxis, die hierzulande bis heute durchaus üblich ist: Wohlhabende Kriminelle nutzen ihr Vermögen, um einer Haftstrafe zu entgehen.

Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl kam straffrei davon – er berief sich vor Gericht auf Erinnerungslücken3. Die SV wurde daraufhin praktisch aus dem Verkehr gezogen. Zwischen 1969 und 1980 hatte die SV etwa 214 Millionen Euro an CDU, CSU und FDP verteilt. Aber plötzlich fehlten aus deren Vermögen plötzlich 13 Millionen Euro – sie waren einfach verschwunden.

 

Auch die Spendenaffäre in den 1990er Jahren konnte Helmut Kohl nur wenig anhaben: Laut eigener Aussage habe er von 1993 und 1999 „zwischen 1,5 bis 2 Millionen Mark“ an Spenden entgegengenommen – und zwar immer in bar. Er begründete dies damit, dass die anderen Parteien damals über größere Geldmittel verfügt hätten. Da er sein Wort gegeben habe, könne er die Namen der Spender nicht nennen. Was er auch bis zu seinem Tode nicht tat.

Die Spendenaffäre nahm ihren Anfang im November 1999, als eine Zahlung in Millionenhöhe bekannt wurde, die im Zusammenhang mit einer Panzerlieferung an Saudi Arabien stand. Wirtschaftsprüfer stießen im Zuge der Ermittlungen auf zahlreiche schwarze Konten in Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein. Mit dem Geflecht aus schwarzen Konten sollten die Identitäten der Spender verschleiert werden. Kohl selbst wollte zwar Gelder in Millionenhöhe entgegengenommen, aber von der Existenz der Konten nichts gewusst haben. Auch daran, wie viele Spender es waren und wie hoch die Beträge waren, konnte er sich angeblich nicht erinnern.

Andere aus der CDU nannten beispielsweise den Medienmogul Leo Kirch oder Siemens als Spender. Dies wurde jedoch von den Betroffenen bestritten.

Im Frühjahr 2001 kam Kohl wieder äußerst glimpflich davon: Gegen eine Zahlung von 300.000 Mark werden die Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Bonn gegen ihn eingestellt.

Die Namen der Spender blieben im Dunkeln. Bis Wolfgang Schäuble in einem TV-Interview auf die Frage nach den Spendern erklärte, es habe gar keine Spender gegeben.

Waren die Gelder auf den schwarzen Konten womöglich die verschwundenen Millionen aus der Staatsbürgerlichen Vereinigung? Möglich ist das, denn deren Verbleib ist bis heute ungeklärt4.

 

Weitere Affären

Peter Gauweiler (1990 bis 2002 Abgeordneter im Bayrischen Landtag, 1990 bis 1994 bayr. Staatsminister für Landesentwicklung, 2002 bis 2015 Bundestagsabgeordneter, 2013 bis 2015 stellvertr. CSU-Vorsitzender) hat zwischen 2008 und 2015 dem Milliardär August von Finck über 11 Millionen Euro als Beraterhonorare in Rechnung gestellt. Im März 2015 trat er zurück, erklärte jedoch, dass die Details seines Mandatsverhältnisses der Vertraulichkeit unterlägen.

 

Georg Nüßlein saß für die CSU um Bundestag und war einer der Vizevorsitzenden der Unionsfraktion. Er soll während der Corona-Pandemie einen Maskenhersteller an die Ministerien verwiesen haben und dafür 660.000 Euro erhalten haben. Ursprünglich sollte er sogar 1,2 Millionen Euro erhalten, was aber durch eine Liechtensteiner Bank zurückgehalten wurde. Nüßlein verließ daraufhin die Unionsfraktion und die CSU. Außerdem kandidierte er nicht mehr für den Bundestag.

 

Alfred Sauter ist seit über 30 Jahren Mitglied des bayrischen Landtags gewesen und gilt als bestens vernetzt. Er war Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten, für Justiz und in der Staatsbauverwaltung. 1998 bis 1999 war er bayrischer Justizminister. Er gehörte außerdem dem Vorstand der CSU an. Sauter hat die Verträge zwischen bayrischem Gesundheitsministerium und dem Unternehmen ausgearbeitet, von dem Nüßlein die Provision für seinen Maskendeal erhalten hat. Die Generalstaatsanwaltschaft München verhaftete im Zuge dessen einen Geschäftspartner von Sauter und Nüßlein und stellte Vermögen sicher. Sauter trat aus der Landtagsfraktion aus und legte alle Ämter nieder.

 

Mark Hauptmann, CDU-Bundestagsabgeordneter bis März 2021, Vorsitzender der Jungen Gruppe innerhalb der Unionsfraktion, kassierte 997.000 Euro für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken, woraufhin das Landeskriminalamt Thüringen Büros und Privaträume untersuchte und ein Vermögensarrest für die 997.000 Euro verhängte. Außerdem wurde Hauptmanns Engagement für die Interessen Aserbaidschans, Vietnams und Taiwans untersucht. Speziell ging es um kostenpflichtige Anzeigen der Staaten im von Hauptmann herausgegebenen Südthüringer Kurier. Auch er legte sein Mandat nieder und trat aus der CDU aus.

 

Auch Nikolas Nöbel (CDU-Bundestagsabgeordneter und Mietglied im Auswärtigem Ausschuss) fiel durch eine Provision für die Vermittlung von Maskendeals auf. Er kassierte 250.000 Euro. Nach öffentlichem Druck legte er sein Mandat nieder und trat aus der Partei aus.

 

Auch wenn Sauter, Nüßlein, Hauptmann und Nöbel mittlerweile freigesprochen wurden, zeigt dies deutlich die Verflechtung der Union mit der Wirtschaft.

 

Axel Fischer, Karin Strenz (beide CDU) und Eduard Lintner (CSU) standen bzw. stehen im Mittelpunkt der Aserbaidschan-Affäre. Sie sollen zwischen 2008 und 2016 Gelder unter anderem aus Aserbaidschan „über britische Briefkastenfirmen mit baltischen Konten“ erhalten haben, wie die Generalstaatsanwaltschaft München angab. Dadurch wollte Aserbaidschan Abstimmungen bei verschiedenen Resolutionen und die Besetzung von Kommissionen im Europarat beeinflussen. Karin Strenz ist mittlerweile verstorben, Fischer und Lintner wurden mittlerweile wegen Bestechlichkeit bzw. wegen der Bestechung von Mandatsträgern angeklagt5.

 

Die Rolle von Jens Spahn (CDU, ehem. Bundesgesundheitsminister, Vize-Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag) bei der Masken-Affäre um Andrea Tandler (Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs) wirft bis heute Fragen auf6. Auch die Finanzierung von Jens Spahns Villa in Berlin ist bis heute nicht zufriedenstellend aufgeklärt7.

 

Philipp Amthor (CDU) ist der Hauptdarsteller im Lobbyismus-Skandal um Augustus Intelligence. Er machte sich im Herbst 2018 beim damaligen Wirtschaftsminister Peter Altmeier (ebenfalls CDU) für das damals noch unbekannte Start-Up Augustus Intelligence stark. Als Dank erhielt Amthor daraufhin Aktienoptionen des Unternehmens und einen Direktorenposten. Das Start-Up nutzte die Kontakte ins Wirtschaftsministerium bei Gesprächen mit potentiellen Investoren. Aus dem geplanten Aufbau einer Infrastruktur für Künstliche Intelligenz wurde jedoch nichts – Augustus Intelligence ist mittlerweile insolvent. Amthor wurde nicht angeklagt. Die Staatsanwaltschaft sah keinen Anfangsverdacht der Bestechlichkeit oder Bestechung8.

 

Der Wirtschaftsrat der CDU e.V.

Weitere Verflechtungen wurden durch LobbyControl e.V. in ihrer Studie über den Wirtschaftsrat der CDU9 herausgearbeitet. Ganz wichtig hierbei: Auch, wenn der Lobbyverband die CDU im Namen hat, ist er kein offizielles Parteiorgan, sondern ein Lobbyverband für zahlreiche Unternehmen, wie Deutsche Bank, Daimler oder e.on, die so Zugang in die höchste Ebene der Partei erhalten – und im Falle einer Regierungsbeteiligung der Union bis in die Regierung. Der Wirtschaftsrat hat sogar einen Sitz im Bundesvorstand der CDU, der sonst nur Parteifunktionären vorbehalten ist. Der Austausch zwischen Partei und Wirtschaftsrat funktioniert: Egal, ob Gespräche in kleiner Runde oder Teilnahme am Wirtschaftstag mit mehreren tausend Gästen, stets haben wichtige CDUler ein offenes Ohr für die Anliegen der Wirtschaft. Die Präsidentin des Wirtschaftsrat Astrid Hamker traf alleine 2020 dreizehn Mal mit Spitzenvertreter*innen aus Bundesministerien zusammen.

Dadurch, dass der Lobbyverband damals durch die Unionsparteien mit ins Leben gerufen wurde (um die Parteispenden zu verschleiern – wir erinnern uns), durch den irreführenden Namen und seinen Sitz im Parteivorstand hat er großen Einfluss auf die CDU. Anders als Parteigremien unterliegt er jedoch nicht der Transparenzpflicht und genießt als Berufsverband sogar Steuervorteile. Dadurch, dass der Verband das Kürzel „CDU“ im Namen trägt, wird er zudem kaum als Lobbyverband wahrgenommen, sondern erweckt den Eindruck, Teil der CDU zu sein. Selbst in der Berichterstattung werden Positionen des Wirtschaftsrat häufig als „Stimmen aus der CDU“ bezeichnet.

Außer durch seine Nähe zur CDU fällt der Wirtschaftsverband vor allem dadurch auf, dass er bei Klima- und Umweltthemen massiv bremst und Stimmung gegen Aktivist*innen von Fridays for Future macht. Auch Friedrich Merz (von 2019 bis 2021 Vizepräsident des Wirtschaftsrats) fiel durch abfällige Äußerungen gegenüber den protestierenden Schüler*innen auf und bezeichnete Greta Thunberg als „krank“. Andere Mitglieder des Wirtschaftsrats äußerten sich ähnlich. So zerstöre Klimapolitik „die freiheitliche Lebensweise“ und sei zu einer „Ersatzreligion verkommen“.

Gerade bei Klimafragen versammelt der Verband die Unternehmen, die Klimaschutzmaßnahmen skeptisch gegenüber stehen. Kein Wunder - die Fachkommission Energiepolitik wurde jahrelang vom Vorstandsvorsitzenden der Braunkohlesparte von RWE geleitet.

Zudem ist er auch eng mit neoliberalen Netzwerken verbunden und setzt klar auf den Erhalt bestehender Wirtschaftsstrukturen und wehrt sich gegen stärkere Belastung von Unternehmen und schärfere Grenzwerte beim Klimaschutz, da diese „übertrieben“ seien und eine „De-Industrialisierung“ drohe.



Der Wirtschaftsflügel

Anders als der Wirtschaftsrat ist der Wirtschaftsflügel tatsächlich Teil der CDU. Zum Wirtschaftsflügel gehören die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) und der Parlamentskreis Mittelstand (PKM). Der MIT verfügt ebenfalls über einen beratenden Sitz im Parteivorstand und ist eng mit dem Wirtschaftsrat verbunden.

Der PKM unterhält ebenfalls enge Kontakte zum Wirtschaftsrat: Christian Freiherr von Stetten ist nicht nur PKM-Vorsitzender, sondern gleichzeitig auch Präsidiumsmitglied des Wirtschaftsrates.

Wirtschaftsrat, MIT und PKM treten häufig mit ähnlichen Positionen auf.



Auch die TAZ hat zur Klimasabotage10 der Union und zu deren Verflechtung mit der Wirtschaft recherchiert. Als „Bermudadreieck“ galten laut TAZ Joachim Pfeiffer, Thomas Bareiß und Carsten Linnemann.

Joachim Pfeiffer war von 2002 bis 2021 Mitglied des Bundestags und wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Heute arbeitet er als Lobbyist für die PR-Agentur Kekst CNC.

Er nannte Klimaschutz eine „Ersatzreligion“, fand die Debatte über die Erderwärmung „alarmistisch“, nannte die Photovoltaikhersteller „Solarmafia“, Klimaschützer eine „semikriminelle Vereinigung“ und die Umsetzung des Kyoto-Protokolls war für ihn eine „gezielte Deindustrialisierung Deutschlands“. Deutsche Technik zur Erzeugung von Strom durch Kohle könne dagegen helfen, das Klima zu schützen. Nicht verwunderlich vor dem Hintergrund, dass er als langjähriges Mitglied im Beirat der Hitachi Power Europe GmbH saß – der Konzern Hitachi lieferte 2009 Kessel und Dampfturbine für das Kohlekraftwerk in Duisburg. Zudem war er Mitglied im Aufsichtsrat des Kraftwerksdienstleisters Kofler Energies Power AG (wo er bis zu 30.000 Euro zusätzlich pro Jahr verdiente) und bis 2020 Mitglied im Aufsichtsrat eines Kanadischen Öl-Multis.

Thomas Bareiß ist seit 2005 Mitglied des Bundestags und war unter Merkel von 2018 bis 2021 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Beauftragter für Tourismus und Beauftragter für den Mittelstand.

Laut Greenpeace habe Bareiß maßgeblichen Anteil daran, dass die erneuerbaren Energien ausgebremst wurden und Deutschland seine Klimaziele verfehlt habe. Zudem ist für Bareiß eine Energieversorgung ohne Gas „nicht denkbar“ und er war bis 2019 Vorsitzender des Beirats Energie der Lobbyorganisation „Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen“ - einer Lobbyorganisation der Gas- und Braunkohleindustrie. Heute kämpft er für den Verbrennungsmotor.

Carsten Linnemann ist seit 2009 Mitglied des Bundestags , war von 2018 bis 2022 stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag und ist seit Mai 2024 Generalsekretär der CDU. Außerdem war er von 2013 bis 2021 Vorsitzender der MIT.

Jede klimapolitische Idee, jedes Bemühen um Klimaschutz, so schreibt die TAZ, ging bei diesen drei Herren unter. Einsparziele für einzelne Sektoren, Klimaabgabe für Braunkohle, ein deutsches Klimaschutzgesetz – alles wurde durch die drei verhindert oder zumindest verzögert. Auch gegen erneuerbare Energien machte Carsten Linnemann massiv Stimmung. Die Abstandsregel von 1000 Metern war zum Beispiel eine wirksame Bremse, die Linnemann gezogen hatte. Im Grundsatzprogramm der MIT hatte er argumentiert, dass Klimaschutz nicht durch „Planwirtschaft, Dirigismus und Verbote“ zu erreichen sei. Auch am aktuellen Grundsatzprogramm der CDU hat er mitgeschrieben – was wohl der Grund ist, dass die Wirtschaft einen großen Stellenwert darin einnimmt, Umweltthemen und Soziales hingegen praktisch nicht vorkommen.



Die Ära Merkel

Zur Zeit von Angela Merkel und der Großen Koalition waren beinah alle klimapolitisch wichtigen Positionen mit Leuten aus dem Wirtschaftsflügel besetzt. Mit gravierenden Folgen.

Während in Skandinavien mittlerweile 60 Prozent der Gebäude mit einer Wärmepumpe beheizt werden, sind es bei uns gerade mal 2,8 Prozent (Stand 2023). Und ein Vorstoß der Ampelregierung zur Wärmewende in Richtung Wärmepumpe wurde durch die Union kürzlich wieder torpediert. Durch die alten Bekannten Merz und Linnemann.

Zu Beginn von Merkels Amtszeit betrugen die CO2-Emmissionen des Verkehrs in Deutschland 150 Millionen Tonnen und blieb bis 2021 konstant. In Japan verringerte sich der CO2-Ausstoß im Verkehr im gleichen Zeitraum um ein Drittel. Der jährliche Zubau von Solarenergie sank unter Merkel von 46 Prozent im Jahr 2005 auf gerade mal 9,6 Prozent im Jahr 2021. Begleitet wurde das durch den massiven Abbau der Förderung von erneuerbaren Energien, was zusätzlich zur verschleppten Energiewende auch massenhaft Firmenpleiten von Zukunftstechnologie nach sich zog. Technologie, die wir jetzt teuer aus China importieren müssen.

Über die Nebeneinkünfte der Unionsabgeordneten kann man sicher einen eigenen Artikel verfassen – zunächst in Kürze: Bei den Nebeneinkünften der Bundestagsabgeordneten sind die Abgeordneten aus den Reihen von CDU/CSU meist weit vorne.



Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen?

Die Unionsparteien sind nicht an der Zukunft Deutschlands interessiert. Sie sind auch nicht technologieoffen, sondern wollen bis zum Schluss an Öl und Gas verdienen. Sie interessieren sich nicht für die Bürger*innen dieses Landes – außer als möglichst billige Arbeitskräfte und willige, aber hirnlose Konsumenten. Sie vertreten vielmehr seit ihrer Gründung lediglich die Interessen der Wirtschaft. Die Verflechtung der Unionsparteien mit der Wirtschaft sind nicht nur eine Gefahr für unsere Lebensgrundlage, sondern auch eine Gefahr für unsere Demokratie und unsere Freiheit. Die Unionsparteien dienen einzig und allein den Interessen der Unternehmen, ihrer Vorstände und Aktionäre. Und dem ordnen die beiden Schwester-Parteien alles unter. Die Wahrheit ist nicht von Belang, auch unsere Demokratie nicht. Wahrscheinlich empfinden die Vorstände der großen Unternehmen die Demokratie sogar als hinderlich für ihre Geschäfte.

Die Unionsparteien sind keine Volksparteien, sondern Parteien für die Wohlhabenden. Parteien, die schon seit ihrer Gründung fest in der Hand derer sind, denen Mensch und Umwelt völlig egal sind.

Parteien des Filz von Beginn an. Mit dem permanenten Hauch von Korruption und persönlicher Vorteilsnahme. Und da mit Merz und Linnemann gerade die größten und skrupellosesten Köpfe an den Hebeln der Macht innerhalb der Union sitzen, werden ständig neue Kampagnen gestartet, die

1. von der immensen Verflechtung von Partei und Wirtschaft ablenken,

2. den Sozialstaat weiter schwächen und

3. die Klimapolitik weiter verhindert sollen.

Deshalb sind für die Union auch nicht die Nazis der AfD die Hauptgegner, sondern die Grünen.



Deshalb #StopptMerz #StopptSöder #StopptLinnemann #StopptCDUCSU #FCKAfD



Für einen echten Wandel in der Klima- und Umweltpolitik und für soziale Gerechtigkeit



1Frank Bösch, dt. Historiker, Autor des Buchs „Macht und Machtverlust. Die Geschichte der CDU“

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0