Der Pippo wundert sich... warum nur noch gestritten, aber nicht mehr zugehört wird

Anstatt die Sorgen und Ängste der Bürger endlich anzuerkennen, Lösungen zu entwickeln und ernsthaft darüber zu diskutieren, wie wir die soziale Kluft, die Klimakrise und die anderen gravierenden Folgen unserer Lebensweise lösen können, wird allseits gestritten, geschrien, beschimpft, ausgegrenzt und nach Sündenböcken gesucht. Eine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung findet praktisch nicht mehr statt, die so genannten etablierten Parteien wirken überfordert, die Politik wird zunehmend handlungsunfähig.

 

Und keiner hört dem anderen mehr zu.

 

Es geht nur noch darum, einen Sündenbock zu finden und den politischen Gegner bloßzustellen. Wenn nicht die Flüchtlinge schuld sind, sind es eben die Grünen. So findet eine schleichende Erosion unserer Demokratie und unserer Freiheit statt. Am Ende freuen sich darüber die multinationalen Konzerne und die Superreichen, die ja möglichst wenig Staat (also Steuern, Gesetze und Regulierung) wollen. Wenn es um Subventionen geht, oder darum, die Verluste aufzufangen, wenn die Wirtschaft durch Missmanagement oder Gier mal wieder in eine Krise rutscht, darf es natürlich jede Menge Staat sein.

 

Gewinner und Verlierer

 

Natürlich freut sich die AfD, die es geschickt versteht, die Verunsicherung, die Wut und den Vertrauensverlust der Bürger in die Politik für sich zu nutzen.

 

Die etablierten Parteien können scheinbar nur hilflos zusehen und verstehen nicht, woher die Enttäuschung oder die Wut der Wähler kommt. Sie verstehen auch nicht, warum der klassische Stammwähler, der immer SPD, CDU, FDP, Grüne gewählt hat, kaum noch existiert. Dass es an der Politik der letzten Jahrzehnte liegen könnte, an der abwechselnd jede der Parteien beteiligt war, ist anscheinend für sie undenkbar.

Auch das Märchen vom Kapitalismus, wo Fleiß, Zuverlässigkeit und Flexibilität am Ende belohnt wird, zieht nicht mehr.

 

Vielmehr ist seit Jahren zu beobachten, dass die Gewinne privatisiert werden, die Verluste und Risiken hingegen vom Staat getragen werden. Die Reichen vermeiden Steuern, wo es nur geht und zahlen nichts in die Sozialkassen ein. Angeblich eilen wir von Krise zu Krise, aber die Managergehälter und Boni steigen jedes Jahr beträchtlich. Auch die Dividenden werden jedes Jahr fleißig ausgeschüttet.

So machen sich die, die ohnehin mehr als genug haben, die Taschen voll, während der Reallohn der Beschäftigten in den letzten Jahrzehnten gesunken ist.

 

Und wenn man sich nach Ausbildung oder Studium nur lange genug als Leiharbeiter, Praktikant oder in einem ständig neu befristeten Arbeitsverhältnis hat ausbeuten lassen und massenhaft unbezahlte Überstunden geleistet hat, wird man entlassen, weil der Gewinn des Unternehmens nicht höher war, als im Vorjahr. Da man jedoch so wenig verdient hat, bezieht man direkt Bürgergeld, lebt am Existenzminimum und die dafür Verantwortlichen werfen einem Faulheit vor.

Gleichzeitig zerfällt die Infrastruktur: Die Straßen und Brücken sind marode, Schulen baufällig, die Bahn ein schlechter Witz. Nebenbei werden Millionen an Steuergeldern für Projekte, wie die Ausländermaut verschwendet. Folgen für den verantwortlichen Verkehrsminister? Natürlich keine.

 

So wird die Staatskasse immer leerer, die Kluft zwischen arm und reich immer größer und die Unzufriedenheit im Land ebenfalls.

 

Und das Vertrauen in die Politik sinkt weiter.

 

Genau diese Unzufriedenheit macht sich die AfD zu Nutze. Sie verspricht vermeintlich einfache Lösungen für die komplexen Probleme. Dass diese Lösungen oft keinerlei Substanz haben, spielt dabei keine Rolle. Die Wähler der AfD sind so oft von den etablierten Parteien und vom Kapitalismus enttäuscht worden, dass sie der AfD glauben wollen. Gerade im Osten. Vor allem, weil den anderen Parteien nichts anderes einfällt, als „weiter so“. Sie begründen das gerne mit einer angeblichen „Alternativlosigkeit“.

 

Aber dass ihnen die Fantasie fehlt, Alternativen zu ersinnen, oder der Mut, diese auszuprobieren, heißt nicht, dass es keine Alternativen gibt.

 

Das alles macht es der AfD leicht, ihre Themen zu platzieren und die Regierung vor sich her zu treiben.

 

Und weil die anderen Parteien keinerlei sinnvollen Lösungsvorschläge machen offenbart sich eine gewisse Hilflosigkeit gegenüber den oft haltlosen Behauptungen und vermeintlich einfachen Lösungen der AfD. Dabei wäre es oft ein Leichtes, die AfD und ihre Anhänger inhaltlich zu stellen, halten doch ihre vermeintlich einfachen Lösungen einer kritischen Betrachtung nur selten stand.

Dazu bedarf es natürlich eines glaubwürdigen Gesamtkonzepts, was aber bei allen Parteien nicht zu finden ist – auch, weil die Schuldenbremse wichtiger ist, als die (demokratische) Zukunft des Landes. Und weil die Politik immer noch denkt, der Wähler würde einfach nicht verstehen.

Weshalb nach jeder Wahl gesagt wird, man müsse es dem Wähler wohl noch besser erklären.

 

Wie wäre es stattdessen, wenn die Politik dem Wähler zur Abwechslung einfach mal zuhört?

Oder sich die Verantwortlichen der Parteien gegenseitig?

Wenn wieder Kompromisse gesucht werden und keine Schuldigen?

 

Stattdessen lässt man in der Politik, den sozialen Netzwerken und im persönlichen Gespräch zu,

dass permanent von den eigentlichen Problemen abgelenkt wird. Man lässt sich provozieren, ablenken, aufwiegeln. Weil es einfacher ist, als eigene Fehler in der Vergangenheit einzugestehen und aus ihnen zu lernen. Und weil man selber keine Lösung findet, wie der Kapitalismus mit Mitteln des Kapitalismus seine eigene Krise löst. Deshalb stürzt man sich begeistert auf die nächsten Sündenböcke, auf denen man rumhacken kann: Bürgergeldempfänger und Flüchtlinge.

 

Anstatt der Krise werden die Kritiker bekämpft

 

Und gleichzeitig wird die Verantwortung umgedreht: Anstatt die Klimakrise zu bekämpfen, werden eher die Grünen als führende ökologische Partei, ökologischen Gruppen wie Fridays For Future oder andere Aktivisten als Schuldige für die Krisen des Kapitalismus hingestellt. So wird verhindert, dass die Wirtschaft und Industrie, die Städte, die Land- und Forstwirtschaft auf ökologisch und ökonomisch sichere Beine gestellt und Deutschland krisen- und klimafest wird.

Das wird dankbar von allen Beteiligten aufgenommen – lenkt es doch wunderbar von der eigenen Verantwortung ab.

Und was machen die Grünen? Sie helfen fleißig mit, die Aktivisten, die ja eigentlich die gleichen Interessen verfolgen wie sie, zu kriminalisieren. Diese Aktivisten sind meist junge Leute, die Angst um ihre Zukunft haben; verstehen die Grünen wirklich nicht, warum sie bei den Landtagswahlen im Osten die jungen Wähler nicht mehr erreichen konnte?

 

Die Menschen, die auf die katastrophalen sozialen und ökologischen Auswirkungen unserer Lebensweise hinweisen, werden permanent angegriffen. Sowohl verbal, als auch körperlich. Sie sind aber nicht die Verursacher der multiplen Krisen, dennoch sind sie es, die sich rechtfertigen müssen und werden als Anhänger von Ideologien und als naive Spinner diffamiert.

Meist jedoch ohne wirklich über den Inhalt als solches zu diskutieren.

 

Befeuert wird das alles von der AfD und den wahren Verantwortlichen, wie der Erdölindustrie, den multinationalen Konzernen, der deutschen Autoindustrie (die den Wandel zu einer ökologischen und wettbewerbsfähigen Mobilität schlicht verschlafen hat), dem Finanzmarkt mit seinen skrupellosen Geschäften auf Kosten der Natur und Menschlichkeit. Auch die Lobbyvereinigungen „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ und „Die Familienunternehmer e.V.“ helfen fleißig mit, einen Wandel zu verhindern. Und natürlich die Springer-Presse als neoliberales Sprachrohr.

 

Demokratie, Umweltschutz und Menschenrechte sind ja eher hinderlich, wenn man jedes Jahr höhere Gewinne vorweisen muss. Deshalb macht man ja auch so gerne Geschäfte mit Autokraten.

 

Aber – und das ist besonders fatal und gefährlich – es geschieht auch durch die Parteien und Anhänger der so genannten politischen Mitte. Und zumindest bei noch einem Thema machen die Grünen mittlerweile fleißig mit: Dankbar, mal nicht der alleinige Sündenbock für alles zu sein, tragen sie beim Thema Migration und Flüchtlinge jede noch so populistische Maßnahme mit – ganz egal, ob das mit Bundes- oder EU-Recht oder gar den Menschenrechten zu vereinbaren ist.

 

Jeder Vorschlag zur Veränderung wird von irgendeiner Seite direkt als „Ideologie“ gebrandmarkt. Als wäre jede auch noch so kleine Veränderung unserer Lebensweise direkt eine Katastrophe – als sei eine einzige Fahrradstraße viel schlimmer, als Starkregenereignisse mit Überschwemmungen, Wirbelstürme, Dürren, die schwindende Biodiversität (wer soll die Nutzpflanzen in Zukunft bestäuben?), Plastik im Blut, Chemikalien im Körper, die zerbröckelnde Infrastruktur, die fehlende Bildungsgleichheit, die soziale Kluft... man könnte ewig aufzählen. Die Probleme sind zahlreich.

Und mittlerweile ist es ja eigentlich offensichtlich: Man kann die durch den Kapitalismus hervorgerufenen Probleme nicht mit kapitalistischen Methoden bekämpfen.

 

Aber da das niemand zugeben möchte, wird so getan, als könne man alles in den Griff bekommen; man muss nur dafür sorgen, dass keine Flüchtlinge mehr in die EU oder zumindest nach Deutschland kommen. Und natürlich muss man die Grünen künftig vom Regieren abhalten.

 

Dann wird auch irgendwann eine Technologie kommen, die uns alle rettet.

 

Oder wird dann einfach der nächste Sündenbock herausgeholt?

 

 

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