Der Pippo wundert sich... über die fehlende soziale Komponente in der Politik

Egal, in welchem Bereich in der Politik der letzten Jahre: die sozialen Auswirkungen der verschiedenen Krisen der letzten Jahre werden von unseren Politikern scheinbar massiv unterschätzt. Ebenso die sozialen Auswirkungen der politischen Maßnahmen.

Dazu wird ständig über Kürzungen bei den Sozialausgaben oder über Flüchtlinge bzw. Migration diskutiert. Dabei fallen dann fragwürdige Aussagen von CDU/CSU, FDP und Teilen der Grünen und auch Hubertus Heil von der SPD zum Thema Bürgergeld und angeblichen Schwarzarbeitern und sogenannten Totalverweigerern. Die Anzahl der Totalverweigerer lag im Jahr 2023 gerade Mal bei etwa 14000 Menschen bundesweit. Mit der härteren Sanktionierung der 14000 Totalverweigerern und dem Wegfall des Bürgergeldbonus (Eine Sonderzahlung von 75€/Monat bei der Teilnahme an bestimmten Maßnahmen) sollen 2025 ganze 200 Millionen Euro eingespart werden. Außerdem will man bei „Verbesserungen beim Job-Turbo zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten“ zusätzlich 500 Millionen Euro sparen1.

Dem gegenüber steht ein geschätzter Schaden durch Steuerhinterziehung von 125 Milliarden Euro im Jahr 2015 in Deutschland2. Da könnte man natürlich auch ansetzen, anstatt bei Geflüchteten und Bürgergeldempfängern zu kürzen...

Oder es wird hart um ein paar Cent mehr beim Mindestlohn gerungen. Gleichzeitig steigen die Preise für Gas und Benzin, und auch die Lebensmittelpreise sind zwischen 2015 und 2022 um 27,6% gestiegen.3 Und bis heute hat es die Bundesregierung nicht geschafft, einen Ausgleich in Form eines Klimageldes oder durch andere Maßnahmen zu schaffen. Stattdessen haut die Bundesregierung ein total verkorkstes Heizungsgesetz raus. Natürlich muss im Zeichen des Klimawandels eine Energiewende stattfinden, aber dilettantischer kann man so ein Gesetz nicht auf den Weg bringen. Inmitten einer beispiellosen Inflation durch den Angriff Russlands auf die Ukraine kam das Gesetz zur Unzeit und wurde darüber hinaus auch absolut dämlich kommuniziert. Und auch hier wurde erstmal ein Gesetz erlassen, welches der Bevölkerung enorme Mehrkosten aufbürdet, ohne gleichzeitig für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. Fördermittel? Mal schauen, kommen vielleicht, vielleicht auch nicht. Währenddessen kassieren die Unternehmen Subventionen in Milliardenhöhe, auch klimaschädliche Industrien. Die Manager streichen weiter Millionengehälter und Boni ein, egal ob Krise oder nicht. Die großen Konzerne schütten trotz Staatshilfen Dividenden aus und die oberen 10 Prozent der Bevölkerung erfinden immer neue Tricks, um fast keine Steuern zu zahlen. In die Sozialversicherungen zahlen sie natürlich auch nicht ein.

 

Woran liegt das?

 

Wirtschaftsverbände und Lobby-Gruppen gehen im Bundestag ein und aus, schreiben Gesetze mit. Milliarden werden pro Jahr für Berater ausgegeben. Berater, die selbst zu den Besserverdienern gehören dürften. Gewerkschaften und Sozialverbände finden hingegen kaum Gehör. Beschäftigte werden, speziell von der AfD, CDU/CSU und FDP, aber auch von anderen Parteien gegen Arbeitslose / Bürgergeldempfänger ausgespielt. Die wiederum werden gegen Flüchtlinge ausgespielt. Immer schön nach unten treten. Das fällt scheinbar gerade im Osten auf fruchtbaren Boden. Wohl, weil die Arbeitslosigkeit im Osten auch 34 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch um 1,7 Prozent höher ist, als im Westen und die Gehälter und Renten geringer. Und als wäre das alles nicht genug, blamiert sich auch noch Ricarda Lang von den Grünen und stellt mit ihrer Aussage zur durchschnittlichen Höhe der Rente eindrucksvoll unter Beweis, wie weit entfernt die Politik von den Menschen in Deutschland mittlerweile ist: Vermutet sie doch bei Markus Lanz eine durchschnittliche Rentenhöhe in Deutschland von 2000€. Tatsächlich liegt die Durchschnittsrente bei 1550€, wohlgemerkt brutto. Davon gehen noch Steuern und Abgaben ab, sodass am Ende im Schnitt 1384€ ausgezahlt werden. Für eine Rente in Höhe von 2000€ müsste man 45 Jahre lang etwa 50000€ pro Jahr verdienen.4 Das sind knapp 17000€ pro Jahr oder 1400€ pro Monat mehr, als ich aktuell bekomme.

Dass die Bevölkerung daraufhin das Vertrauen in die Politik verliert, ist ein Stück weit verständlich. Unverständlich ist für mich jedoch, wieso die Menschen vor allem im Osten aber vermehrt auch in Westdeutschland die Nazis der AfD wählen. Gerade die Menschen im Osten müssten sich doch noch daran erinnern, was es bedeutet, in einem totalitären Staat zu leben. Und wenn man sich das Parteiprogramm der AfD anschaut, ist es um so verwunderlicher, dass Arbeitslose und Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen diese Partei wählen.

Und was machen CDU/CSU und FDP? Die machen sich die Positionen der AfD beim Thema Migration zu eigen, bestehen auf die Schuldenbremse und blockieren sinnvolle Investitionen und Entlastungen für die Bevölkerung. Fordern aber natürlich weitere Entlastungen für die Wirtschaft. SPD und die Grünen lassen sich von der kleinen FDP bei nahezu jedem Thema erpressen, während sich die Linke selbst zerlegt um sich in einen unbedeutenden kleinen Linkspartei-Rest und in eine rückwärts gewandte links-populistische Partei aufzuteilen.

Und alle wundern sich über den Rechtsruck und die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung. Darüber, dass über ein Drittel bei der Europawahl auf ihr Wahlrecht verzichtet hat5. Darüber das die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht zusammen 22,1% und dass Kleinstparteien 14,2% geholt haben.

 

Die Antwort darauf sind keine schwachsinnigen TikTok-Videos von der Aktentasche des Bundeskanzlers, sondern wäre eine Politik, die der Bevölkerung zuhört und ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt. Aber dass es dazu kommt, ist bei dem derzeitigen Personal der fünf alten Parteien wohl eher nicht zu erwarten.

 

1Https://www.suedkurier.de/ueberregional/wirtschaft/geld-finanzen/welche-kosten-verursacht-buergergeld-pro-jahr-so-viel-zahlt-deutschland-dafuer-17-6-24;art1373668,11949997

3Https://de.statista.com/themen/lebensmittelpreise/#topicOverview

4Https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/ricarda-lang-rente-durchschnitt-statistik-lanz-100html

 

5Wahlbeteiligung 64,8%, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6818/umfrage/entwicklung-derwahlbeteiligung-an-europawahlen-seit-1979/

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Kommentare: 3
  • #1

    Janina (Sonntag, 23 Juni 2024 08:26)

    ��

  • #2

    Janina (Sonntag, 23 Juni 2024 12:19)

    Das da oben sollten zwei "Daumen hoch" sein, die leider nicht angezeigt werden. Gut recherchierter Beitrag, der aktuelle politische Entwicklungen treffend beleuchtet. Weiter so.

  • #3

    Daniel (Dienstag, 25 Juni 2024 08:52)

    Das Problem ist, dass leider große Teile der Bevölkerung dieser Politik von CDU & FDP zustimmen, obwohl sich sich damit ins eigene Fleisch schneiden. Sehr guter Artikel, Kalle!